Heute bin ich in Gengenbach-Bermersbach mit Heinz Roth zum Wandern verabredet. „Wandern hält fit“, Heinz Roth ist das beste Beispiel dafür. „In ein paar Tagen habe ich den Achter davor“ die Antwort auf die Frage nach seinem Alter. Heinz Roth ist Bezirkswanderwart beim Schwarzwaldverein, seit über fünfzig Jahren Mitglied. Genau der richtige Mann für mich, denn ich will nicht nur wandern, ich will auch etwas lernen.
„Das oberste Schild am Wegweiser gehört den Fernwegen, das mit den roten Rauten. In der Mitte die regionalen Wege mit den blauen Rauten. Und ganz unten, die gelben Rauten. Die zeigen den Gästen den örtlichen Weg. Das sind in der Regel auch Rundwege. Jeder Wegweiser zeigt auch den Standort und die Höhe an“.
Wir stehen am Punkt „Langmatt“ auf 180 Metern Höhe. Rund sechs Kilometer und hundert Höhenmeter liegen vor uns. Für 23.000 Wanderkilometer ist der Schwarzwaldverein verantwortlich. Ehrenamtliche Menschen wie Heinz Roth weisen die Wege aus, stellen die Schilder und sorgen vor allem für deren Pflege. Damit wir Wanderer uns auf das Genießen konzentrieren können.
Heute zeigt das Thermometer einunddreißig Grad an. Ich freue mich, dass wir in Vorder-Bermersbach in den kühlen Wald eintauchen, der Weg ist eben, flach das Tal an dessen Rändern die Weinberge und Wälder emporsteigen. Schafe tummeln sich auf den saftigen Wiesen, gleich bei dem kleinen Bächlein. Das Sonnenlicht dieses herrlichen Nachmittages zieht Streifen durch den Wald.
Für geschätzte 23.000 Kilometer Wanderwege ist der Schwarzwaldverein verantwortlich
„Drei Punkte beachtet der Schwarzwaldverein, der vor über 125 Jahren gegründet wurde: ein geschlossenes Wegenetz, Kennungspunkte, sprich Wegweiser, und Markierungen unterwegs“. Der Rundweggedanke. „Ganz oben ist immer das nächste Ziel, die Entfernung in Kilometern, nicht wie in den Alpen in Zeitangabe, ganz unten das entfernte Ziel“. Ich finde die kleinen Zusatzzeichen gut, wie zum Beispiel Bahnhof, Aussichtspunkt oder etwa „Messer und Gabel“, ein Gasthof. Das ist Teil meiner Wandermotivation. „Strohhof“ mit Messer und Gabel ist da angezeigt, schade, wir gehen in die andere Richtung.
Der Weg verläuft ein kurzes Stück auf der Teerstraße durch den Ort, rechts der mächtige „Zapfhof“, tiefbraun das alte Holz, das den Hof verkleidet. Ein Blütenmeer fällt von den Balkonen nach unten. Vor dem Hof ein kleiner Verkaufsstand: „Zapfs Apfel-Hiesle“. Neben den Äpfeln ein Kässchen. Schwarzwälder Vertrauensvorschuss. Es folgt rechter Hand ein Anstieg in die Reben. Der Blick geht über einen Bauerngarten zur kleinen Kapelle, die von früher zeugt. Früher, als hier noch kein Wohngebiet stand. Die Sonne funkelt in den Trauben, bald werden sie reif sein. Mühevolle Arbeit die Weinlese! Herr Roth hat einen flotten Schritt drauf, ich muss mich ran halten. Wandern hält fit! Ein „Bänkle“ lädt zur Rast ein, Zeit für einen Apfel vom Zapf. In der Ferne ist der Mooskopf, Gengenbachs Hausberg, zu erkennen, da bin ich letztes Mal hochgewandert. Und daneben der „Hochkopf“, sagt Herr Roth.
Herr Roth war über viele Jahre Revierleiter, traurig deshalb auch seine Stimme, als er von „Lothar“, dem verheerenden Sturm erzählt, der auch seinen Wald stark beschädigte. Heute ist wieder alles grün. Und wie! In der Ferne zeigt sich der „Brandenkopf“ über den Wäldern, Turm und Windräder obendrauf. Unser nächstes Ziel ist der „Windeckerhof“, ein Kleinod in der Einsamkeit. Wäschespinne, Buben die Fußball spielen, Nussbäume. Ein phantastischer Ausblick hinunter in das Tal und auf Gengenbach.
Es geht wieder in den Wald mit einem leichten Anstieg bis wir auf einen „Rückeweg“ treffen, wo früher das Holz zu Tal „geriest“ wurde. Das Schild zeigt uns den Standort „Überm Windeckerhof“ und dass wir nach rechts müssen. Auf den Schwarzwaldverein ist Verlass. Heinz Roth kommt ins Schwärmen ob einer Baumgruppe: „Altbuchen, über hundertachtzig Jahre alt“. 250 Jahre alt, kann so eine Buche werden.
„Wir markieren immer auf Sicht“ sagt mein Wanderführer und zeigt auf das kleine Schildchen mit der gelben Raute am Baum. Nach dem Wegweiser kommen zunächst sogenannte „Bestätigungszeichen“, alle rund dreihundert Meter „Beruhigungszeichen“. Mittlerweile sind wir auf dem „Ortenauer Weinpfad“. Den Namen trägt er zu Recht. Als der Wald den Blick freigibt, empfängt uns ein Bild, das des Winzers Herz höher schlagen lässt (und das des Weingenießers auch). Sanft fallen die akkurat gesetzten Weinstöcke zu Tal, saugen die Sonne auf. Am Fuße liegt Gengenbach, ein zauberhafter Ausblick. Ein rund zweieinhalbstündiger Weg mittlerer Anstrengung, der sich gelohnt hat, steht für mich fest.
„Ich habe noch einen Tipp für Sie“ sagt Herr Roth. „Heute ist Mittwoch, da ist abends an der Klingelhalde in Berghaupten Grillabend mit Musik und Bier vom Fass“. „Genau das Richtige. Das Bier und die Wurst gehen auf mich!“ sage ich.
Mein Fazit: eine schöne abwechslungsreiche Rundwanderung, auch für ungeübte Wanderer.