Gengenbacher Fasend
Nachdem ich euch letzte Woche die Fasend im Mittleren Schwarzwald vorgestellt habe, möchte ich euch ab dieser Woche mit auf eine Reise zu der Fasend in den Gemeinden des Mittleren Schwarzwalds nehmen. In jeder gibt es nämlich unterschiedliche Narrenzünfte und -gemeinschaften, Bräuche und Narrenfiguren die alle ihre eigene interessante Geschichte haben. Um euch auf die Haupt-Fasend einzustimmen, nehme ich euch mit nach Gengenbach und Berghaupten, Biberach und Nordrach, wie auch Zell a.H. und Oberharmersbach.
Heute stelle ich euch die Fasend in und um Gengenbach vor. Hier gibt es nämlich nicht nur eine Zunft, sondern gleich 4 Zünfte und 2 Narrengemeinschaften - eine bunte Vielfalt also! Der Narrenruf in Gengenbach ist:
Hoorig hoorig hoorig isch de Bär,
un wenn de Bär nit hoorig wär,
dann wär er au kei Bär!
Schelle, schelle sechse alli alde Hexe - Narro!!!
Oh, du alder Lumpehund, hesch
nit g´wisst, wenn d´Fasend kunnt?
Hätt´sch di Mul mit Wasser g´riebe,
wär der´s Geld im Beutel bliebe! Narro!!!
Die Narrenzunft Gegenbach e.V. ist dabei die älteste und größte Narrenzunft. Deren Tradition geht auf das Jahr 1499 zurück. Über die Jahrhunderte und Jahrzehnte entstanden die Narrenfiguren der Spättlehansele, Hexen, Lumpehunde, Klepperlesbuben und -maidle, Narrenräte und Alt-Gengenbacherinnen. Zusätzlich zu diesen Figuren gibt es noch den Schalk, die Hauptfigur der Gengenbacher Fasend, der am vergangenen Samstag geweckt wurde. Er regiert über die ganze Fasendszeit, führt die Umzüge an und beglückt Erwachsene und Kinder mit seinen Späßen. Mit dem Spruch „Schalk wach uff, Schalk mach mit, Schalk kumm ra s´isch Fasendzit“ wird der Schalk zur Eröffnung der Fasend aus seinem einjährigen Schlaf im Niggelturm geweckt. Damit beginnt in Gengenbach offiziell die Fasend. Zuvor zieht die Narrenschar zusammen mit den Klepperlesbube und -maidle, dem Narrenrat und Musik - allesamt im weißen Nachthemd - durch die Stadt zum Niggelturm und begleiten den Schalk zum Rathaus zur Schlüsselübergabe.
Die Straßenfasend an sich wird allerdings erst mit dem Stellen des wuchtigen Hexenbesens eröffnet. Dieser wird am Mittwoch vor dem Schmutzigen Donnerstag von den Hexen (unter deren Häs sich Männer verbergen) aufgestellt. Neben dem Besen stellen die Spättlehansele einen dekorierten Feuerhaken auf. Dies stellt eine alte Tradition dar, die aus dem Jahre 1499 stammt, an dem Narren aus Verärgerung darüber, dass die Fasend verboten wurde, den Feuerhaken der Stadt entwendeten und ihn geschmückt vor dem Rathaus aufstellten. An diesem Abend, wenn die Fasend offiziell in Gengenbach Einzug hält sieht man die närrische Figuren durch die Straßen springen und über das Kopfsteinpflaster der historischen Altstadt hüpfen. Das sieht bestimmt toll aus… vielleicht muss ich mein Frauchen überreden, dass ich dieses Jahr auch mal mit darf!
Über die närrischen Tage gibt es in Gengenbach dann zahlreiche Veranstaltungen zu erleben:
Am Schmutzigen Donnerstag findet der alljährliche Turnerball des Turnvereins Gengenbach statt. Ab 19:00 Uhr bieten die Turnerinnen und Turner ein buntes Programm mit verschiedenen akrobatischen Meisterleistungen unter dem Motto "Närrische Zahlenspiele".
Am Fasendfreitag findet ab 14:30 Uhr traditionell die Kinderfasend auf dem historischen Marktplatz vor dem Rathaus statt. Kinder können auf dem Marktplatz spielen oder an den aufgebauten Stationen teilnehmen, die von den Hexen und Spättlehansele bereitgestellt werden.
Am Fasendssonntag findet um 14:00 Uhr der alljährliche große Fasendsumzug in Gengenbach statt. Hierbei nehmen alle Zünfte Gengenbachs teil. Außerdem zeigen hier dann auch verschiedene Gruppen ihre selbstgebauten und in feinster Kleinarbeit närrisch geschmückten Fasendswagen. Der Umzug verläuft insgesamt zweimal durch die historische Altstadt.
Am Fasendmontag findet ab 14:00 Uhr der Kinderball des Turnvereins Gengenbach statt. Hierbei können die Kinder verkleidet in die Turnhalle kommen und sich nach Herzenslust austoben. Vielleicht wär das ja auch was für mich?! Der Hexenkeller unterhalb des Rathauses hat an allen Abenden in der Fasendswoche geöffnet und in den Lokalen und Wirtschaften findet das obligatorische Schnurren und Schnaigen statt. Hierbei ziehen sogenannte „Schnurrgruppen“ durch die Lokale und Gaststäten und treiben allerlei Schabernack, singen Lieder und halten Vorträge zur Unterhaltung der Gäste.
Am Fasendsdienstag findet ab 10:00Uhr in altbewährter Tradition der Gengenbacher Klepperliswettbewerb im Klosterkeller statt, bei dem jeder eingeladen ist, teilzunehmen.
Bevor die Fasend mit dem Verbrennen des Hexenbesens schon wieder beendet wird, findet ab 14 Uhr noch einmal ein Kinderumzug durch die historische Altstadt statt. Mit dem Einbruch des Abends neigt sich die Fasendszeit dem Ende. Der Schalk hat das Ziel den eine Woche zuvor aufgestellten Hexenbesen mit Hilfe seiner Laterne anzuzünden. Die versammelten Hexen versuchen dies unterdessen durch das Bilden einer Kette rund um den Besen zu verhindern und die Angriffe des Schalks abzuwehren. Ist der Hexenbesen verbrannt, wird der Schalk um Mitternacht wieder für ein Jahr in den Niggelturm verbannt.
Im Oberdorf Gengenbachs gibts es die Ewederfler Narrengemeinschaft e.V., deren Narrenfigur der Rotzlöffel ist. Die Narrengemeinschaft wurde 1952 ins Leben gerufen, die Ewerderfler Narrengemeinschaft e.V. am 11.11.1998 gegründet. Mit viel Freude tragen sie tatkräftig zum Erhalt und Aufleben der Fasend bei und bereichern als freche Rotzlöffel jede Veranstaltung. Am Samstag, 08. Februar findet ab 18:31 Uhr der alljährliche Peterle Owe in der Stadthalle am Nollen (Gengenbach) statt, bei dem den Gästen ein buntes Programm geboten wird. Am Ende der Fasend, also am Fasenddienstag, halten die Ewederfler um 17:00 Uhr das traditionelle Ewerderfler Narrengericht ab. Ein Besuch lohnt sich!
In den Ortschaften Bermersbach, Reichenbach und Schwaibach gibt es ebenfalls Narrenzünfte und -gemeinschaften:
Die Narrenzunft Backstein- & Matratzenbourg 1953 Gengenbach e.V. wurde 1953 gegründet und hat zwei verschiedene Häsfiguren, nämlich den Hund und den Hansel. Am Samstag, 08. Februar wird in Fußbach der Narrenbaum der Backsteiner gestellt und am Freitag, 14. Februar findet der alljährliche Backsteinowe statt.
Die Narrengemeinschaft Strohhansel Strohbach e.V. hat als Narrenfigur die Strohhansel und zusätzlich zwei Einzelfiguren, nämlich S’Krut und den Schierewächter. Die Narrengemeinschaft wurde 1982 gegründet.
Die Narrenzunft Höllteufel Reichenbach sind im Ortsteil Reichenbach zuhause. Die Inspiration für ihre Narrenfiguren stammt von der örtlichen Sage der Teufelskanzel. Hier gibt es Höllteufel, Narrenräte und Fahnenträger, sowie die Einzelfigur des Moospfaff, die ebenfalls auf einer anderen örtlichen Sage basiert. Die Narrenzunft wurde 1971 gegründet.
Der Auftakt der Fasend findet hier am Freitag, 07. Februar mit dem alljährlichen Teufel holen statt. Am Schmutzigendonnerstag beginnt dann der Tag mit Bohnesupp und dem Narrenfrühstück ab 5:30Uhr morgens — da denk ich noch gar nicht ans wach sein! Am Fasend findet der SVR-Hausball statt, bevor am Fasendsonntag der bunte Abend unter dem Motto „Der Teufel rockt Amerika“ steht. Am Fasendmontag spielt sich nachmittags alles in den Straußenwirtschaften ab, abends steigt dann die Fasendmontagsparty im Narrenkeller. Bevor am asenddienstag alles schon wieder vorbei ist, steht der Tag im Zeichen der Kinder, Abends wird dann die Fasend verbrannt.
In Schwaibach ist die Narrenzunft Bergwaldteufel 1990 - Schwaibach e.V. beheimatet, die 1990 gegründet wurde. Sie sind als Bergwaldteufel unterwegs und haben eine Einzelfigur, nämlich den „Deifel im Gwand“. Auch sie beziehen sich mit ihrer Narrenfigur auf die Sage der Teufelskanzel. In Schwaibach und Bergach findet am Mittwoch, 19. Februar Schnurre und Schnaige statt. Auch hier beginnt der Schmutzige Donnerstag traditionell mit dem Bohnesupp essen und Narrenfrühstück in den frühen Morgenstunden. Am Fasenddienstag, 25. Februar gibt es hier die Kinderfasend und das Gitzig rufen, bevor abends die Deifelverbrennung stattfindet.
Ich finde, die Fasend ist eine tolle Möglichkeit um lustige neue Leute kennen zu lernen und Brauchtum hautnah mit zu erleben.